Beobachtung der Programmkommission: Privatdetektiv Philip Maloney ermittelt neu im TV

Seit Anfang 2025 ist SRF mit „Maloney“ um eine TV-Serie reicher: In Koproduktion mit der Zürcher Produktionsfirma C-Films wurde der Kultdetektiv vom Radio ins TV gebracht. Als Inspiration dienten die rund 400 Hörspiele, die seit über 35 Jahren unter dem Titel „Die haarsträubenden Fälle des Philip Maloney“ am Sonntagmorgen auf Radio SRF 3 zu hören sind. Gedreht wurde die erste Staffel mit zehn Folgen von Juli bis November 2024 in und um Zürich. Die Programmkommission (PK) der SRG Zürich Schaffhausen hat die ersten drei Serienfolgen beobachtet und sich mit den Verantwortlichen von SRF ausgetauscht.
Das hat am meisten überzeugt
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* Das Durchbrechen der vierten Wand ist eine Technik, die die imaginäre Grenze zwischen der fiktiven Welt und dem Publikum aufhebt, indem Charaktere direkt mit den Zuschauern interagieren.
Das gab zu reden
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Idee und Zielpublikum
Die SRF-Verantwortlichen erklärten, „Maloney“ als Hörspiel sei eine wertvolle und etablierte Marke von SRF. Mit der TV-Adaptation habe man diese Marke stärken und neue Zielgruppen erreichen wollen, z.B. Personen, die das Hörspiel zwar noch aus dem Kindesalter kennen, es inzwischen aber aus den Augen und Ohren verloren haben.
Resonanz
Die ersten drei Folgen erreichten gemäss SRF durchschnittlich 274’000 TV-Zuschauende und erzielten im Streaming bis Ende März rund 560’000 Aufrufe. Die Zahlen seien erwartungsgemäss ausgefallen; man sei nicht euphorisch, aber zufrieden. Einzelne PK-Mitglieder fragten sich, ob die vorgängige Ausstrahlung der ersten drei Episoden im Kino einen negativen Einfluss auf die Zuschauerzahl bei SRF gehabt haben könnte. Die Macher:innen erklärten, sie seien derselben Marketingstrategie wie bei „Tschugger“ gefolgt und hätten die Absicht gehabt, der Serie durch den Kinoauftritt einen „kultigen Status“ zu verleihen. Für einige PK-Mitglieder ist dies durchaus gelungen.
Intensive Bewerbung
Die PK hat selten so viel Werbung für eine SRF-Produktion wahrgenommen wie für die „Maloney“-Serie. Es gab Inhouse-Werbung auf vielen SRF-Kanälen, aber auch Out-of-Home-Werbung (mittels Plakate und digitale Screens) sowie Werbung bei anderen Print- und Online-Medien. Obwohl die PK sich andere Male mehr Werbung für neue SRF-Formate gewünscht hätte, war das Ausmass diesmal für einige PK-Mitglieder doch zu viel. Die teure Aussenwerbung passte für die PK nicht mit dem Spardruck bei der SRG zusammen. Die starke Bewerbung sei ein bewusster Entscheid gewesen, da es sich bei „Maloney“ um ein „Produktionshighlight“ handle, entgegneten die SRF-Verantwortlichen.
Auffallend waren zudem die grosse Vielfalt an internen Online-Artikeln und die Häufigkeit der Thematisierung der Serie in verschiedensten anderen Sendeformaten von SRF, z.B. auch im Tagesprogramm von Radio SRF 3. Dies wirkte auf die PK teilweise etwas übertrieben und fast zu enthusiastisch. Die Online-Artikel waren im Einzelnen zwar äusserst informativ, wiederholten sich in der Summe aber. Dass ihr Produkt intern auf grosses Interesse gestossen sei, freute die Macher:innen. SRF verfolge denn auch das Ziel, die redaktionelle Interaktion zu stärken.
Krimi und Komödie – Eine Herausforderung
„Maloney“ wird von SRF als Krimikomödie bezeichnet. Für die PK war der komödiantische Anteil eher dominant. Obwohl viele den Sprachwitz, insbesondere denjenigen der Figur von Philip Maloney, als sehr gelungen erachteten, waren die Geschichten und ihre Figuren für die Mehrheit zu wenig witzig, teilweise etwas zu skurril, zu überzeichnet, zu „klamaukig“. Die Figur des Polizisten wirkte auf manche PK-Mitglieder noch zu eindimensional, ja gar etwas zu unbeholfen. Die PK wünscht sich für die weiteren Folgen nicht weniger Komödie, aber einen noch „raffinierteren“ Humor.

Die dichten 30-minütigen Folgen erforderten viel Konzentration. Trotzdem wirkten die Handlungsstränge manchmal vorhersehbar, und die Spannung war unterschiedlich ausgeprägt. Schön zu sehen war die Themenvielfalt und geschätzt wurde, dass die Geschichten in sich abgeschlossen sind. Dies wiederum führt dazu, dass nicht jede Folge jede:n Zuschauer:in gleichermassen anspricht. Die Macher:innen möchten sowohl die humoristische als auch die kriminologische Ebene in weiteren Folgen ausbauen. Sie wollen noch „frecher“ werden und die Krimifälle ausgeklügelter gestalten. Dies sei bei den kurzen Folgen eine Herausforderung. Eine längere Sendezeit sei aber aufgrund des linearen Sendeplatzes keine Option.
Serie mit Mut und Wiedererkennungscharakter
Die „Maloney“-Serie erscheint in leicht düsterem „Retro-Look“. Unklar war der PK, in welcher Zeitepoche die Geschichten spielen. Die digitalen und zum Teil sogar futuristisch erscheinenden Instrumente der Polizei waren ein Widerspruch zum sonstigen Retro-Stil. Die Schauplätze waren für die ortskundige PK nur teilweise zu erkennen, so z.B. der MFO-Park in Oerlikon oder die Pfingstweidstrasse im Zürcher Kreis 5. Die Macher:innen erklärten, dass dieses „Undefinierte“ gewollt war: die Schaffung einer „eigenen Welt“, dem „Maloney Universum“. Die PK konnte dieses Konzept gut nachvollziehen. Sie hätte sich aber aufgrund ihrer Nähe zu Zürich mehr bekannte Schauplätze gewünscht.

Insgesamt haben die Bildsprache und die musikalische Untermalung überzeugt. Die Kameraführung wirkte überraschend und originell (z.B. als Maloney passend zu seiner Aussage „Ich wusste nicht, was unten und oben ist“ kopfüber gefilmt wurde). Die Liebe zum Detail war spürbar. Das viele grelle Licht, zum Teil mit Stroboskopeffekten, empfanden einzelne Beobachtende jedoch als störend. Die Mehrheit der PK fand, dass die Mundart sehr nahbar wirke. Der Sprachstil und die Dialoge gehörten für manche zu den Highlights der Serie. Diesen solle weiterhin viel Sorge getragen werden. Weiter gefiel den PK-Mitgliedern das häufige sogenannte „Durchbrechen der vierten Wand“ äusserst gut. Sie wünschen sich, dass dieses Stilmittel als Wiedererkennungsmerkmal der Serie beibehalten wird, aber stets gezielt und wohldosiert zum Einsatz kommt.
Schauspielerische Leistungen
Marcus Signer als Maloney wirkte sehr authentisch und bestach mit einer grossartigen Mimik. Mit Stefan Kurt konnte eine weitere Schweizer Schauspielgrösse für die Serie gewonnen werden. Gilles Tschudi und Bettina Stucky überzeugten in der ersten Folge als Anwaltsehepaar Schimpf und 4 Schimpf. Die PK freut sich, dass die Serie durch ihre vielen wechselnden Nebenrollen eine Plattform für Schweizer Schauspieler:innen bieten kann.
Wie gut passt die Serie ins „Heute“?
Die PK störte sich daran, wie explizit und exzessiv Maloneys Zigaretten- und Alkoholkonsum dargestellt wurden. Sie erachtet es als kritisch, dass dieses Suchtverhalten in der Serie nicht in Frage gestellt wurde. Als Zuschauer:in müsse man annehmen, dass die Figur Maloney trotz diesem Verhalten normal „funktionieren“ und arbeiten könne – ohne negative Konsequenzen. Die Macher:innen berichteten, sie hätten beim Konzipieren der Serie durchaus intensiv darüber diskutiert, wie viel man vom Hörspiel übernehmen resp. was man weglassen solle. Das Rauchen und Trinken gehöre schlichtweg zur DNA der Marke Maloney und sei von der Figur nicht zu trennen. Frauenfeindlichkeit und Sexismus hätten hingegen keinen Platz.
Die Kosten
Die Kosten für «Maloney» bewegten sich im durchschnittlichen Standard für eine Serien-Produktion der letzten Jahre. „Tschugger“ und „Davos“ seien gemessen am Minutenpreis doppelt so teuer gewesen, so die SRF-Verantwortlichen. Die Dreharbeiten an vielen verschiedenen Schauplätzen hätten durchaus als Kostentreiber fungiert.

Fazit
Die PK erachtet es als mutig, sich an die Verfilmung eines Kulthörspiels heranzuwagen. Marcus Signer ist die ideale Besetzung für die Figur „Maloney“. Die Serie überzeugte die PK mit einer qualitativ hochstehenden filmischen Machart. Auch der Sprachwitz und ein Grossteil der Dialoge vermochten zu begeistern. Die Kriminalfälle dürften noch spannender und raffinierter werden, die Handlungsstränge etwas weniger wirr. Auch die Art des Humors traf nicht den Geschmack von allen; die Figuren waren zum Teil zu skurril und realitätsfremd gezeichnet. Für die PK wäre vorstellbar, sich etwas mehr vom Hörbuch zu entfernen und die Geschichten etwas moderner und „jünger“ zu gestalten. Sie wünscht den Macher:innen viel Erfolg für die weiteren Folgen und die zweite Staffel.
Isabelle Lüchinger
Leiterin Programmkommission
SRG Zürich Schaffhausen